ERFAHRUNGSVERANKERTE REZPTION – SPRAYEN: BANKSY

[Anna Rollmann]

“As soon as I cut my first stencil I could feel the power there. The ruthlessness and efficiency of it is perfect.”[1]

Dieses Zitat beschreibt anschaulich die Verbindung des einmaligen Graffitiartist Banksy und der Stencil-Technik, welche er maßgeblich prägte. Diese ist für ihn unabdingbar, da er seinen berühmt berüchtigten Phantomstatus nur durch die Schnelligkeit, welche die Technik mit sich bringt, aufrechterhalten kann. Seit den 90er Jahren verwendet er die Schablonenmethodik.[2]

Um die Arbeiten von Banksy zu vermitteln, wird am Referenzpunkt der Praxis des Sprayens angeknüpft. Nach dem eigenen Sprayen mit Schablonen (Stencils) warden gemeinsam Werke von Banksy erarbeitet.

Sachdarstellung Banksy und Stencils

Banksy ist einer der bekanntesten Street-Artists, welcher unter diesem Pseudonym weltweit bekannt wurde. Einige Quellen bestätigen, dass er in den 1970er Jahren in der englischen Stadt Bristol geboren wurde. Im Problemviertel Tottenham wird angenommen, soll er seit frühster Kindheit Ungerechtigkeiten miterlebt haben. Jedoch sind nähere Informationen zu seiner Person nicht bekannt. Aufgrund der Tatsache, dass Graffiti immer noch als Vandalismus eingestuft wird und somit strafbar ist, bleibt er gewissermaßen im Untergrund. Seine Werke erlangen jedoch trotzdem, oder vielleicht auch gerade aufgrund seiner mysteriösen Anonymität, ein weltweites Aufsehen. Das plötzliche Auftauchen der Graffiti überall auf der Welt, an skurrilen, unerwarteten und gefährlichen Orten hat ihn populär und letztlich seine Person zum Mythos gemacht.

Seit Anfang der 2000er Jahre fing er an, von London ausgehend, seine Werke international weiter zu verbreiten.[3]Er signierte diese zwar immer mit seinem Tag, „Banksy“, jedoch sind es vor allem die starken gesellschaftskritischen oder politischen Botschaften, die er durch seine öffentlichen Werke meist humoristisch konnotiert verbreitet. Was sich dabei durch sein ganzes Lebenswerk zieht ist, dass er oft versucht „schwächere“ Personengruppen durch seine Kunst zu stärken. Sein Schaffen kann folglich als eine Form von Aktivismus und „leise“ Rebellion gegen soziale Ungerechtigkeiten betrachtet werden.[4]

Die Stencil Technik, welche er seit mehreren Jahrzehnten ausgiebig nutzt, hilft ihm dabei, seine starken Botschaften schnellstmöglich zu verbreiten. Die Stencils, auf Deutsch Schablonen, werden im Vorhinein genaustens geplant und angefertigt. Der Ort ist meist in der Planung ausschlaggebend für die Motivwahl. Danach ist es Banksy möglich, innerhalb weniger Minuten seine Stencils zu sprayen. Die hinterlassene Message und ästhetische Veränderung des öffentlichen Raumes zieht ein großes Aufsehen auf sich. Schablonen haben in der Geschichte Revolutionen angestoßen oder Kriege beendet, dieser Aspekt fasziniert ihn maßgeblich. Hinzu kommt, dass Schablonen aus beispielsweise dünner Folie unzählige Male verwendet werden können, diese Eigenschaft kann zu verschiedensten Zwecken genutzt werden.[5]

Ein Stencil ausschneiden

Die von Banksy genutzte Stencil-Technik ist im Vergleich mit Drucktechniken eher simpel in der Handhabung. Es werden einfache Werkzeuge benötigt. Im Grunde kann nahezu alles zu einem Stencil Motiv werden. Je nachdem wie präzise man arbeitet, kann die Motivwahl von kleinteiligen Details zu großflächigen abstrakten Formen und Skizzen reichen. Zu beachten ist jedoch, dass vor allem mit Schatten gearbeitet wird, welche im Endeffekt das Graffito ergeben. Beispielsweise wird ein beliebiges Foto verwendet, bestmöglich mit ausreichend Licht und Schatten-Kontrasten, je großflächiger diese sind desto einfacher ist es, die Skizze zu erstellen. Das Foto wird so bearbeitet, dass nur noch weiße und schwarze Stellen zu sehen sind. Es wird ein Negativ dieses Fotos auf der durchsichtigen Schablone erstellt und diese Schattierungen ausgecuttet. Die freien Stellen ergeben das Graffito. Um mehrere Farben zu verwenden, müssen unterschiedliche Folien, also Stencils, für dasselbe Motiv hergestellt werden.

Die Motivwahl ist lediglich durch die eigenen Cutterfähigkeiten eingeschränkt. Ob politische Motive, wie bei Banksy, oder banalere Skizzen erstellt werden, kann selbst entschieden werden. Die verwendete Farbigkeit und die unumgängliche Ästhetik des Cuttens und der entstandenen Stencils wird dem Motiv so oder so den typischen starken Ausdruck verleihen.

Sequenzablauf

Die eben beschriebene Technik ist eher für eine kleinere Gruppe mit maximal zehn Teilnehmenden geeignet. Im schulischen Kontext hängt es von der Altersstufe ab, wie aufwändig die individuelle Betreuung sein muss.

Um einen erfahrungsverankerten Zugang zu dem Graffiti-Künstler Banksy zu erlangen, kann die Stencil-Technik (Schablonen Technik) eine hilfreiche Rolle spielen. Diese bringt die positive Eigenschaft mit sich, dass Stencils nahezu unendlich oft verwendet werden können. Serielle Produktionen sind hierdurch möglich. Die Kinder und Jugendlichen können verschiedenste Untergründe, Materialien und Formate kennenlernen. Jedoch sollte die Sequenz damit beginnen, dass die Technik erklärt wird, durch bildliche, schrittweise Darstellungen wird dies verständlich. Der Prozess von den eigens erstellten Fotos, oder für ältere auch Freihand Skizzen, hin zum eigenen aussagekräftigen Graffitikunstwerk ist einmalig. Nach der ästhetischen Praxis mit dem Kennenlernen, Ausführen und Besprechen der Technik, steht im Anschluss die Rezeption eines Banksy-Werkes. Verschiedene Stencilwerke von Banksy können gezeigt und anhand von Motivwahl, Farbkontrasten und Botschaften aber auch anhand deren politische Botschaften besprochen werden.

Durch die abschließende Präsentation der eigenen entstandenen Werke und die gemeinsame Besprechung verzahnt die Schnittstelle (Stencil-Technik) Produktion und Rezeption miteinander, wodurch die Werke Banksys bei den Teilnehmenden verankert werden.


  • Ästhetische Praxis: Sprayen
    • Einführung der Stencil-Technik (Grundverfahren)
    • Durch bildliche Darstellung das Verfahren Schrittweise erklären
    • Gemeinsam die Motive wählen, Fotos machen und diese bearbeiten
    • Die Schwierigkeiten zur Herstellung der Skizze zusammen besprechen, diese selbstständig zeichnen
    • Experimentelle Erprobung des Cuttens, Schneiden der Skizze. (Dies zusammen üben je nach Alter der Teilnehmer:innen)
    • Erweiterung        der        Technik, beispielsweise    durch    selbstständige Hintergrundgestaltung
    • Freies Sprayen der Schablone auf möglichst unterschiedliche Untergründe

  • Rezeption verschiedener Werke Banksys
    • Werkbegegnung mit Hilfe der vorherig kennengelernten Stencil-Technik
    • Banksy und das Mysterium um ihn entdecken
    • Gegebenenfalls auf seine politischen Messages eingehen

  • Präsentation
    • Aufhängen eigener Werke
    • Plakate anfertigen zu Erklärung der Technik, ergänzen mit genutzten Stencils
    • Falls möglich, Präsentation an einer Wand im Freien, oder Schablonen an erlaubte Hauswand sprayen

Bildnerische Produktion mit Hilfe der Stencil-Technik

Zu Beginn der Vermittlung sollte vor allem das Erlernen der Stencil Technik im Vordergrund stehen. Die einzelnen Schritte können vorher durch Ausdrucke gezeigt und erklärt werden.

Im Anschluss sollte die Motivwahl so frei wie möglich stattfinden, jedoch muss darauf hingewiesen werden, dass detailreichere Motive mehr Arbeitsaufwand, Geduld und Präzision verlangen. Es können zusammen und gegenseitig Fotos gemacht und im Anschluss gemeinsam bearbeitet werden. Die Fotos sollen danach nur noch Schwarz und Weiß beinhalten, hieraus entsteht im nächsten Schritt die Skizze. Die Bildbearbeitung verlangt kein besonderes Programm, sondern kann mit Word durchgeführt werden. Somit ist ein verhältnismäßig freier Zugang zu der Stencil-Technik möglich. Nach dieser Bearbeitung werden die Fotos in gewünschten Formaten ausgedruckt.

Bevor die Produktion der Stencils begonnen wird, sollte sich die Teilnehmenden den Arbeitsplatz selbstständig aufbauen. Daraufhin beginnt die eigenständige Produktion der Skizze, welche danach ausgecuttet wird und somit der Stencils entsteht. Die Skizze entsteht dadurch, dass die schwarzen Stellen des Fotos auf der Folie umrandet werden. In einer gemeinsamen Besprechung der Skizzen und des ersten Cuttens können Schwierigkeiten, Probleme und mögliche Lösungen besprochen werden. Je nach Alter sind mehrere Hilfestellungen nötig, da diese Art von Technik neu sein kann. Eine gemeinsame Reflexion am Ende des Cuttens hilft den Schülerinnen und Schülern, die nun erprobte Technik zu verinnerlichen. Unterschiedliche Materialien sind für die Stencils möglich, jedoch wird eine Folie empfohlen.

Bevor das Sprayen beginnt, sollten grundlegende Aspekte zu der Nutzung von Sprühdosen geklärt und ausprobiert werden. Danach sollten diese frei zum eigenen Erproben bereitstehen.

Im Idealfall arbeiten alle im Stehen, so ist die Funktion der Spraydosen am effektivsten und entspricht Streetart-Verhältnissen. Während des Sprayens können Hilfestellungen bezüglich Kontrasten und Kompositionen gegeben werden. Jedoch ist es auch möglich, viel Freiraum für ihre eigene Erkundung von Bildwirkungen zu lassen. Erweiterungen wie beispielsweise bestimmte Teile der Schablone abzukleben, um mehrere Farben in einem Stencil zu nutzen, können erläutert werden. Durch die serielle Produktion, also die häufige Wiederholung des Sprayens mit derselben Schablone, wird mit der Zeit ein gewisser Prozess in den Werken erkennbar sein.

Eine Entdeckung während des Sprayprozesses kann auch das Abdrucken der farbigen Schablonen sein. Die Farbreste auf den benutzten Schablonen können einen Druckprozess initiieren. Diese Ästhetische Wahrnehmung kann den künstlerischen Horizont der Schülerinnen und Schüler erweitern und eine weitere Facette der Technik aufzeigen. Zudem säubert das Abdrucken der Farbreste die Stencils.

Insgesamt erhalten die Teilnehmenden durch die Stencil-Methode einen Einblick in die Entstehung von Graffitis, ausgehende vom eigens erstellten Foto bis hin zum Sprayen mit Hilfe einer selbst erstellten Schablone. Dieser Ablauf bildet eine passende Mischung zwischen dem klar strukturierten erlernen einer neuen Technik und dem eigenständigen und freien Erproben.

Die entstandenen Stencils können anschließend noch in der Freizeit eigenständig genutzt werden, da diese aufgrund der verwendeten Folie langlebig sind.

Benötigte Materialien für das Erstellen der Stencils:

  • Computer mit Word Programm und Zugang zu einem Drucker
  • Verschieden dicke und große Folien
  • Skalpell, Cutter (möglichst scharf, da dadurch Verletzungen verringert werden)
  • Schneideunterlagen
  • Permanentfolienstifte

Benötigte Materialien zum Sprayen:

  • Zeitung oder ähnliches, als Sprayunterlage
  • Verschiedene Sprayfarben, essenziell sind dunkle und helle, Bsp. Schwarz und Gelb.
  • Mehrere Sprayuntergründe dickes und dünnes Papier (diverse Formate), Pappe, Stoff etc.
  • Kreppband

Rezeption Banksys Werke (Stencils)

Wie bereits erläutert, erfolgt die Vermittlung von Banksys Werken zunächst über die Produktion und Verwendung der Stencils. Im Anschluss dessen werden Stencil Werke von dem Graffitiartist gezeigt. Sie Auswahl der zu besprechenden Werke richtet sich dabei am Alter der Schülerinnen und Schüler. Die jeweiligen politischen Botschaften können fächerverbindend in gesellschaftlichen Schulfächern wie Geschichte, Sozialkunde oder Politik erörtert werden. Als Erweiterung könnten nach der Themenbesprechung weitere Stencils erstellt werden, welche wichtige Botschaften der Teilnehmenden beinhalten.

Auf den pragmatischen Aspekt, wieso Banksy Stencils verwendet, sollte eingegangen werden. Die durch die Verwendung der Schablonen schnelle Produktion hat den positiven Effekt, dass in einer verhältnismäßig kurzen Zeit eine größere Anzahl von Werken entstehen kann. Somit kann das Mysterium um seine Person spannend nähergebracht werden, schließlich kann er nur durch die Nutzung dieser Schablonen seine Anonymität wahren. Seine sozialkritischen Botschaften und politische Einstellungen werden trotz seiner persönlichen Abwesenheit deutlich.

Außerdem kann ein Gespräch oder gemeinsamer Diskurs über Street Art im Allgemeinen begonnen werden. Die aktive Erkundung von Farbkontrasten und Kompositionen sowie die räumliche Einbindung ist möglich. Der Aspekt, inwiefern gesprayte Werke Vandalismus sind, sollte gemeinsam erörtert werden. Kritisch sollte vielleicht aber auch über das Entfernen von Graffiti Kunst im öffentlichen Bereich und der Versuch, diese zu kommerzialisieren gesprochen werden.

Präsentation

Mit Hilfe der Präsentation eigener Werke sollte die erlernte Stencil Technik und die Rezeption von Banksys Stencil-Arbeiten miteinander in Verbindung gebracht werden.

Die differenzierten Ergebnisse der Teilnehmenden zeigen den diversen und den von der Motivwahl unabhängigen vielfältigen Einsatz von Stencils. Falls die Möglichkeit dazu besteht, ist die Präsentation an einer Wand im Außenbereich sehr anstrebenswert. Die Schülerinnen und Schüler können sich dort ohne den illegalen Aspekt des Vandalismus selbst verewigen und etwas in die Welt der Street Art eintauchen. Eine erlaubte Veränderung des öffentlichen Raumes über eine ästhetische Praxis steigert das Erleben eigener Wirksamkeit immens. Außerdem profitiert die Schule, die Gemeinde oder die Stadt, wenn ansprechende Graffitis die Wände aufwerten. Außerdem ist es möglich, das entstandene Werk immer weiter zu verändern, in mehreren Sitzungen oder mit unterschiedlichen Kursen.

Eine vereinfachte Form der Präsentation besteht in einer Ausstellung der auf Papier gesprayten Werke. Mit Fotos, die den Arbeitsprozess dokumentieren sowie mit einigen (getrockneten) Stencils wird die Technik kurz erklärend illustriert. Abbildungen ausgesuchter Werke von Banksy ergänzen die Ausstellung.


[1] Ellsworth-Jones, Will. 2013
[2] Vgl. Gough, Paul. 2016. S.106
[3] Vgl. Blaché, Ulrich. 2012. S.67- 68
[4] Vgl. Banksy. 2005
[5] Vgl. Gough, Paul. 2012. S.107


Literatur

Blaché, Ulrich: Konsum Kunst. Kultur und Kommerz bei Banksy und Damien Hirst. Bielefeld 2012.

Century, Random House Group (Hg.): Banksy. Wall and Piece. London 2005.

Ellsworth-Jones, Will: The Story behind Banksy. 2013.

Gough, Paul: Existencillism: Banksy and the stencil as radical graphic form. In: Intellect Ltd Essays. 2016.