Trickfilm

Auch wenn das Filmen durch die weite Verbreitung der Smartphones für Kinder und Jugendliche wesentlich selbstverständlicher geworden ist als noch vor zehn Jahren, ist der Einbau des Filmens als ästhetische Praxis im Unterricht nach wie vor eine Besonderheit. Es besteht hier die Möglichkeit, den Schülerinnen und Schüler auf einer Ebene ihrer eigenen Interessen zu begegnen. Viele Schritte auf dem Weg zu einem eigenen kurzen Film werden intrinsisch motiviert sein.

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Der Stop-Motion-Film
Benötigt werden

  • Fotokameras mit Stativ/ Smartphones (Einfache Kameras können die Schülerinnen und Schüler mitbringen, ein Stativ lässt sich improvisieren.)
  • ein oder mehrere Computer/ Laptop(s) mit einem einfachen Schnittprogramm (s.u.)
  • Speicherkartenleser (ggf. in Laptop integriert)


Erste Schritte
Ein Weg in die eigene Produktion eines Trickfilms kann das Kennenlernen, Ausprobieren und Anfertigen eines Films auf Basis des Stop-Motion-Tricks sein. Dabei werden Einzelaufnahmen erstellt, die anschließend zu einem Film zusammengesetzt werden. Entweder werden dazu knappe Filmsequenzen mittels einer Record-Pause-Schaltung angefertigt oder das fotografische Bildmaterial über ein Programm zu einem kurzen Film zusammengesetzt. Der Vorteil der Record-Pause-Technik liegt darin, dass auf diese Weise rasch ein erster Film erstellt werden kann. Allerdings sind fehlerhafte Aufnahmen (z.B., wenn noch eine Hand im Bild war) nur mit Aufwand aus dem Clip zu entfernen. Die Aufnahme von Fotografien verzeiht solche Fehler, da die entsprechende Einzelaufnahme leicht gelöscht werden kann. Allerdings müssen die Bilder anschließend mit Hilfe eines Programms zu einem Film zusammengesetzt werden. Da aber zur Ergänzung eines Vorspanns sowie eines Abspanns ohnehin die Weiterarbeit am Computer sinnvoll ist, können die einfachen notwendigen Verfahren hier bereits erprobt werden.

Bei den Aufnahmeformen liegt die Idee zu Grunde, über die Abfolge kleiner Veränderungen an einem Objekt oder eines Gegenstandes die Illusion einer Bewegung zu schaffen.
Um diese Technik auszuprobieren und deren Vorgehensweise zu verinnerlichen, werden zunächst einfache Vorübungen in Gruppen von drei bis vier Schülerinnen und Schülern gemacht. Das Vorhaben, einfache Trickfilme zu erstellen, kann über Filme, die die Schülerinnen und Schüler selbst erstellt haben, initiiert werden. Vielleicht ist bereits ein Trickfilm dabei. Ansonsten soll das Repertoire des Filmerstellens erweitert werden. Alternativ können Trickfilme als Anfangsimpuls gezeigt werden.

Die erste Aufgabe der Schülerinnen und Schüler besteht nun darin, ein Objekt (Stift, Mäppchen, Spitzer o.Ä.) über die Schulbank „laufen“ zu lassen. Dazu wird der ausgesuchte Gegenstand zunächst an einer Seite der Tischplatte deponiert. Von einem Aufnahmeort aus, der während der folgenden Aufnahmen nicht verändert werden darf, wird das Objekt fotografiert oder gefilmt. Sollte sich die Gruppe für das Filmen entscheiden, dürfen nur kürzest mögliche Sequenzen aufgenommen werden, welche mittels der Pausenfunktion unterbrochen werden. Nach jeder Aufnahme wird der Gegenstand um weniges verschoben. Je geringer die Unterschiede zwischen den einzelnen Bildern sind, umso besser wirkt der fertige Clip. Allerdings müssen dazu auch mehr Aufnahmen gemacht werden. Die Schülerinnen und Schüler sollten selbst erproben, welche Abstände zwischen den Aufnahmen noch die Illusion der Bewegung erzeugen.

Wird über die Record-Pause-Funktion gearbeitet, kann der vorläufig fertige Clip gleich angeschaut werden. Beim Anfertigen von Einzelbildern mit der Kamera, sind diese in ein Stop-Motion-Programm zu übertragen.

Sind alle Aufnahmen gemacht, werden sie auf den Computer übertragen. Der Übertrag der Bilder dürfte inzwischen auch für Laien routiniert erfolgen. Entweder kann man die Karte aus dem Fotoapparat in einen Slot (Schlitz bzw. Steckplatz, in der die Speicherkarte genau reinpasst) am Computer oder einem Kartenlesegerät stecken oder über ein Kabel die Verbindung zwischen Kamera und Computer herstellen. Mit dem Smartphone gemachte Bilder können über verschiedene Schnittstellen übertragen werden. Die Fotos werden in einem Ordner abgelegt, je Arbeitsgruppe einen, und entsprechend benannt.
Die Lehrkraft unterstützt die Teams bei den einzelnen Aufgaben. Möglicherweise ist, je nach Alter und Erfahrung, eine Einführung in das Fotografieren und den Übertrag der Bilder auf den Computer notwendig. Diese kann gemeinsam für die gesamte Klasse oder individuell erfolgen.

Im nächsten Schritt erfolgt das Implementieren der Fotos in ein Stop-Motion-Programm. Es gibt verschiedene Programme. Wirklich sehr leicht und überwiegend intuitiv zu bedienen ist das Programm ‚Windows Movie Maker‘. Es verfügt über einfache Möglichkeiten des Schnitts und der Unterlegung mit Geräuschen oder Musik.
Weitere Infos zum Programm und Download [hier]. Vorab sollte sich die Lehrkraft mit dem ausgewählten Programm zumindest rudimentär bekannt machen. Differenzierte Funktionen können die Schülerinnen und Schüler letztlich selbst beim Arbeiten mit dem Programm entdecken.

Zum Anfertigen eines einfachen Films werden nun einfach die Bilder ins Programm übertragen. Zuvor können misslungene Aufnahmen gelöscht werden. Der auf diese Weise rudimentär fertig gestellte Film muss noch gespeichert werden.

Mit der ganzen Klasse erfolgt eine gemeinsame Besprechung:

  • Möglichkeiten und Probleme beim Fotografieren
  • Wiederholung der technischen Schritte zum Film

Anwenden und Verbessern der ersten Schritte
Sollen diese Schritte noch einmal geübt werden, können einfache Clips erstellt werden mit Spielen, denen ein visuell klares Konzept zu Grunde liegen: Vier gewinnt, Brettspiel Solitär, Dame, Mensch-ärgere-Dich-nicht etc. Dazu wird eine geeignete Kameraposition (meist am besten von oben) gewählt. Nun können wesentliche Elemente, die zu gutem Bildmaterial führen, erprobt werden. So ist es hilfreich, wenn nicht gegen das Licht fotografiert wird. Ebenso wichtig ist ein beruhigter Hintergrund, der nicht vom eigentlichen Motiv ablenkt. Das Filmmotiv ist ein Spiel, das sich selbst spielt. Dazu werden die klar voneinander trennbaren Schritte des Spiels (ohne Hände) fotografisch festgehalten und anschließend in der richtigen Reihenfolge zu einem Clip zusammengestellt. Mit Musik hinterlegt, ergibt sich auf diese Weise ein kurzer Film. Lizenzfreie und GEMA-freie Musik kann für die nichtkommerzielle Nutzung im Internet runtergeladen werden. Zudem können natürlich eigene Töne und Geräusche aufgenommen und unter den Film gelegt werden. Generell sollten beim Erstellen eines eigenen Films darüber hinaus keine Bilder anderer oder Sequenzen aus anderen Clips verwendet werden.
In einer begleitenden oder anschließenden Besprechung kann auch besprochen werden, inwiefern die Musik Einfluss auf den Charakter des Films nimmt.

Einen Stop-Motion-Film drehen
Für einen Stop-Motion-Film können viele verschiedene Elemente eine Hauptrolle im Film spielen:

Es kann den Schülerinnen und Schülern überlassen werden, für welche Figur sie sich entscheiden. Nun stellt sich die Frage nach dem Inhalt des Films. An dieser Stelle muss sich die Lehrkraft entscheiden, ob sie Inhalte relativ frei gibt oder fächerverbindend etwa eine Geschichte oder Gedicht aus dem Deutschunterricht im Film umsetzen möchte.

Dürfen die Schülerinnen und Schüler selbst die Inhalte des Clips bestimmen, bedürfen sie einer klaren Führung bei der Auswahl und der Planung. Mit Hilfe eines Storyboards, einer Art Drehbuch, können Aufzeichnungen geführt werden, die die Umsetzung strukturieren. Die zur Verfilmung geplante Geschichte lässt sich oft in Szenen unterteilen. Jede Szene benötigt möglicherweise verschiedenes Equipment oder Hintergründe, in der Nachbearbeitung sollen Geräusche oder Musik unterlegt werden. Ein Hauptbestandteil des Storyboards sind Zeichnungen. Hier ist lediglich notwendig, dass die Schülerinnen und Schüler ein Planungselement kennen lernen und in ihrem Filmprojekt individuell anwenden.

Im Rahmen des fächerverbindenden Unterrichts kann eine Geschichte, ein Märchen oder ein Gedicht in die zentralen Szenen unterteilt und die Hauptakteure, deren Charakter etc. besprochen werden. Eine Visualisierung dient dann sowohl der Fassung der Ergebnisse als auch der Vorbereitung des Filmdrehs.

Nach der Planung, die auch das Besorgen des notwendigen Equipments umfasst, erstellen die Schülerinnen und Schüler in den Teams die Fotos und laden sie auf den Computer. Auch wenn die wesentlichen Elemente bereits erprobt und besprochen sind, bedarf der gesamte Prozess der kontinuierlichen beratenden Begleitung durch die Lehrkraft. Neben der technischen Hilfestellung sollten die bereits erwähnten Parameter Bildqualität, Adäquatheit der tonalen oder musikalischen Untermalung sowie Originalität und Angemessenheit der Umsetzung der Geschichte individuell sowie im Klassenverband besprochen werden.

In einem Vorspann wird der Titel des Films gezeigt, im Nachspann sind die Teammitglieder aufzuführen. Den Ideen der Schülerinnen und Schüler sind hier keine Grenzen gesetzt. Die Schrift kann auf der Tafel stehen oder sich auf einem Blatt schrittweise entwickeln, Einzelbuchstaben aus der Zeitung oder magnetische Buchstaben ergeben die Worte.

Präsentation
Im Klassenverband zeigt man die Filme ohnehin. Schließlich erfolgt eine gemeinsame Besprechung. Es wäre schade, es dabei zu belassen. In der Pausenhalle können Filme gezeigt werden. Extra Kinovorstellungen für die anderen Klassen sowie für die Eltern können angesetzt und mit Einladungen und Plakaten die Vorstellungen weiter professionalisiert werden.  Auch bietet es sich an, die Filme über die Homepage der Schule zu zeigen. Leicht können die Filme dazu auf eine Plattform wie YouTube geladen werden, um sie von dort auf die Homepage zu verlinken. Dies ist meist einfacher, als die Filme durch den Homepagebetreuer auf die Schulseite einzubinden.

Möglicherweise existieren Fotografien vom Herstellungsprozess. Diese können zu einer Art Making-Off zusammengestellt und bei der Präsentation gezeigt werden. Immer ist zu beachten, dass Schülerinnen und Schüler nur nach der Einwilligung der Erziehungsberechtigten gezeigt werden dürfen. Schon bei der Anfertigung oder der Auswahl geeigneter Bilder muss darauf geachtet werden.

Zeit
Man ahnt bereits, dass es sich beim Drehen eines Filmes um projektartigen Unterricht handelt. Als Zeitfenster für die Sequenz reichen Einzelstunden oder Doppelstunden nicht aus. Sinnvoller ist es, Stunden zusammenzuziehen, damit die Schülerinnen und Schüler fokussiert über einen längeren Zeitraum arbeiten können. Im fächerverbindenden Unterricht können Inhalte im anderen Fach eruiert und besprochen werden. Meist großzügige Zeitfenster existieren gegen Ende des Schuljahres, die mit der Filmproduktion sinnvoll genutzt werden können.

Rezeption von Filmen
Nachdem in der Verzahnung aufeinander bezogener produktiver wie rezeptiver Phasen eine Möglichkeit für qualitativ angemessenen Kunstunterricht liegt, kann auch im Nachgang an die Produktion des Clips eine Filmbesprechung stattfinden. Am Leichtesten ist es, Stop-Motion-Filme auf einer Internetplattform anzuschauen und zu besprechen. Hier sind zahlreiche Clips hochgeladen, die auch in ihrer Verschiedenartigkeit faszinieren.

Zur Besprechung der Clips sollte nach inhaltlichen Parametern strukturiert vorgegangen werden. Dabei entscheidet die Altersstufe der Schülerinnen und Schüler, welche Filme besprochen werden sowie die Intensität der Beschäftigung.
Elemente, die über ein AB oder über die Arbeit in Kleingruppen sowie im Plenum fokussiert werden sollten, sind angeführt:

  • Um was geht es in dem Film?
  • Wer sind die Hauptakteure?
  • Kannst Du Dir vorstellen, wie er gemacht ist?
  • Welche Wirkung hat der Clip auf Dich?
  • Gibt es einen Vor- oder Abspann? Wie ist er gemacht? Was ist hier aufgeführt?
  • Wie werden Geräusche und Musik eingesetzt? (Immer die gleiche Musik, von Anfang bis Ende die gleiche? Etc.)
  • Recherchiere zur Geschichte des Trickfilms und stelle zentrale Personen und Elemente dar (Phenakistiskop, Eadweard Muybridge, Winsor McCay, Legetrickfilm, Zeichentrickfilm).


Bewertung
Zur Notwendigkeit der Bewertung finden Sie Ausführungen hier.  Soll unbedingt bewertet werden, müssen die Beobachtungen etwa in Form eines Portfolios über die Arbeit jedes Einzelnen Basis werden.

Aspekte zur Bewertung können sein:

  • Übernahme von Aufgaben im Team
  • Kommunikation im Team
  • Weiterer sozialer Umgang
  • Qualität der Planungselemente (Storyboard)
  • Originalität des Clips
  • Qualität der Einzelbilder (Beleuchtung, Kontraste…)
  • Flüssigkeit der Bewegungsabläufe
  • Adäquatheit der Musik/ Geräusche
  • Vorhandensein und Passung von Vor- und Abspann
  • Reaktion auf Impulse aus der Klasse oder der Lehrkraft
  • Einsatz im Rahmen der Präsentation
  • Besprechungsqualität im Rahmen der Filmrezeption

Einige Aspekte können den Schülerinnen und Schülern über Wortkarten bereits früh zugänglich gemacht und während der Produktion sichtbar gehalten werden. Für eine abschließende Besprechung der Filme im Klassenverband können die notierten Parameter herangezogen werden. Welche Elemente sind gelungen, welche noch ausbaufähig?